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Die alpinistisch sehr gut ausgebildeten Bergrettungskameraden aus Mestia erhielten Einsatzmaterialien aus Tirol. Drei Tage lang wurden sie darauf eingeschult.

Seit 2021 gibt es ein Partnerschaftsübereinkommen zwischen Tirol und der georgischen Region Samegrelo-Zemo Svaneti. Ein Teil dieser Partnerschaft befasst sich mit dem Thema Sicherheit. Im letzten Jahr besuchte deshalb eine Delegation aus Feuerwehrleuten und Bergrettern die Region. Ziel war es, gemeinsame Projekte zu definieren und eine Feuerwehreinheit bzw. eine Bergrettungsortsstelle auszuwählen, die unterstützt werden sollen. Im Falle der Bergrettung war die Auswahl recht simpel, da für die gesamte Region Swanetien zwölf Bergretter aus dem Gebirgsdorf Mestia verantwortlich sind. Diese sind aber nicht wie in Tirol Freiwillige, sondern als Berufsbergretter
Teil der Berufsfeuerwehr.

Weitläufiges, hochalpines Gebiet
Das Einsatzgebiet liegt im südwestlichen Teil des Kaukasus und hat in etwa die Größe von Südtirol. Es handelt sich dabei um ein sehr weitläufiges, komplexes und hochalpines Gebiet. Die vergletscherten Gipfel erreichen eine Höhe von über 5.000 Meter. Der wohl bekannteste Berg ist der Ushba. Dieser wurde 1903 vom kaukasischen Fürsten der Innsbruckerin Cenzi von Ficker geschenkt, die damals zu den bekanntesten österreichischen Bergsteigerinnen gehörte. Sie konnte zwar bei der
am Ende erfolgreichen Expedition nicht selbst den Gipfel besteigen, bewies aber großes Können und Mut, als sie bei einem vorangegangenen Versuch zwei verletzten Kameraden half und sie somit rettete. Die Urkunde dieser Schenkung kann im Alpinmuseum in München besichtigt werden.
Da es in der Region auch heute noch recht wenig Infrastruktur gibt, muss man bei Bergtouren – aber auch bei Rettungseinsätzen – meistens ein Zelt mitnehmen. Gerade im Sommer, wenn keine Helikopter von Heliskiing-Anbietern in der Gegend sind, ist der einzige verfügbare Helikopter Hunderte Kilometer entfernt. Dabei handelt es sich auch nicht um einen Notarzthubschrauber, wie wir ihn kennen, sondern um einen Mil Mi-8 russischer Bauart. Sowohl im Herbst letzten Jahres als auch bei unserem Besuch im Mai in Georgien bestätigte sich unser Eindruck, dass die Bergretter alpinistisch sehr gut ausgebildet sind und sich unser Fokus auf die Mannausrüstung und die taktische Alpinmedizin legen wird.

Komplette Einsatzausrüstung
Mit finanzieller Hilfe des Landes Tirol hatten wir für die Bergretter die komplette Einsatzausrüstung, wie wir sie auch bei der Bergrettung Tirol verwenden, angeschafft. Anfang dieses Jahres wurde das gesamte Material von Tirol nach Mestia geschickt. Unter der Leitung des Tiroler Landesleiters Hermann Spiegl machte sich dann am 16. Mai eine Gruppe, bestehend aus den Tiroler Bergrettern Christian Eder, Markus Isser und Nils Hackl, auf den Weg nach Georgien, um die Ausrüstung
zu übergeben und die Bergretter auf dem Material einzuschulen. Drei Tage lang wurden sowohl theoretische als auch praktische Schulungen durchgeführt. Gerade die taktische Alpinmedizin und die Micro-Bergetechnik erwiesen sich als sehr nützlich, da hier mit sehr wenig Material vielseitige Anwendungen möglich sind. Anfängliche Schwierigkeiten mit unserem Übersetzer konnten wir sehr schnell lösen. Da einige der Bergretter sehr gutes Englisch sprachen, wurde der Unterricht kurzerhand auf Englisch gehalten. Nach den drei Schulungstagen wurde die Ausrüstung in Anwesenheit
des österreichischen Botschafters sowie der Leiter des EMS (Emergency Management System) und den Medienvertretern feierlich übergeben. Zum Schluss gab es noch ein hervorragendes Essen sowie einen herzlichen Abschied der Bergretter. Die Woche war für alle Beteiligten sehr lehrreich. Die Natur,
die Kameradschaft mit den Bergrettern vor Ort und die Trink-Zeremonien bei den gemeinsamen Essen sind nur einige Erinnerungen, die uns bleiben werden. Wir möchten uns besonders beim Land Tirol bedanken, das dieses Projekt finanziert und somit tatkräftig unterstützt, und freuen uns, wenn die Bergretter aus Mestia nächstes Jahr zu uns nach Tirol kommen.

TEXT Nils Hackl, FOTOS Hermann Spiegl